Am Ufer eines glitzernden Flusses lag ein kleines Dorf namens Flussweiler. Es war ein friedlicher Ort, wo die Menschen gemeinsam arbeiteten und lachten. Der Fluss, der durch das Dorf floss, war das Herzstück ihres Lebens. Er schenkte ihnen Wasser, Fische und wunderschöne Geschichten, die das Gluckern und Plätschern seiner Wellen zu erzählen schien.
Eines Tages bemerkte Emma, ein neugieriges Mädchen mit leuchtend roten Locken, dass etwas nicht stimmte. Der Fluss war nicht mehr so klar wie früher, und seine Strömung wirkte langsamer. „Was ist nur mit unserem Fluss los?“ fragte sie ihren Großvater, der oft Geschichten über den Fluss erzählte.
„Es ist der alte Damm im Wald“, sagte Großvater leise. „Er ist brüchig geworden, und das Wasser kann nicht mehr richtig fließen. Doch niemand traut sich, ihn zu reparieren. Es heißt, dort im Wald lebt der Flussgeist, der Fremde nicht mag.“
Emma war nicht überzeugt. „Wenn wir nichts tun, könnte der Fluss versiegen! Ich werde den Flussgeist finden und mit ihm sprechen.“
Am nächsten Morgen packte sie einen Korb mit Proviant und machte sich auf den Weg. Der Wald war dicht und geheimnisvoll, doch Emma ließ sich nicht einschüchtern. Sie folgte dem murmelnden Klang des Flusses, der sie tiefer in den Wald führte.
Nach einer Weile entdeckte sie den alten Damm. Er war tatsächlich brüchig, und das Wasser sickerte nur noch langsam hindurch. Plötzlich hörte sie eine Stimme: „Wer wagt es, meinen Damm zu betreten?“
Vor ihr erschien ein leuchtendes, schillerndes Wesen aus Wasser und Licht – der Flussgeist. Emma blieb stehen, doch sie fühlte keinen Schrecken, nur Neugier. „Ich bin Emma aus Flussweiler“, sagte sie mutig. „Unser Dorf braucht den Fluss, aber der Damm hält das Wasser zurück. Bitte lass mich helfen, ihn zu reparieren.“
Der Flussgeist blickte sie prüfend an. „Warum sollte ich dir vertrauen? Viele haben den Fluss nur ausgebeutet.“
Emma dachte kurz nach und sagte dann: „Weil ich den Fluss liebe. Ohne ihn wäre unser Dorf nicht dasselbe. Ich verspreche, ihn zu schützen.“
Der Flussgeist schien nachzudenken. Dann nickte er. „Gut, ich werde dir helfen. Doch wir müssen zusammenarbeiten.“
Gemeinsam sammelten sie Steine und Äste, und der Flussgeist nutzte seine Kräfte, um den Damm zu verstärken. Als sie fertig waren, strömte das Wasser wieder kräftig und klar durch den Fluss.
„Du hast Mut bewiesen, Emma“, sagte der Flussgeist. „Ich werde über den Fluss wachen, doch du und dein Dorf müsst ebenfalls gut auf ihn achten.“
Emma versprach es und kehrte stolz nach Flussweiler zurück. Die Dorfbewohner staunten, als sie sahen, wie der Fluss wieder lebendig wurde. Von da an wurde Emma zur Hüterin des Flusses, und die Menschen im Dorf lernten, besser mit der Natur umzugehen.
Der Flussgeist hielt sein Versprechen, und Emma wusste, dass sie immer einen unsichtbaren Freund am Ufer hatte.
Ende